Ich habe mich diese Woche der Recherche zu Schweden gewidmet und bin dabei über einiges gestolpert (Quellenangaben wie gehabt am Schluss vom Text). Solltet ihr Ergänzungen oder Korrekturen haben, könnt ihr mir dies gerne über das Kommentarfeld oder über das Kontaktformular mitteilen. Und nun ab nach Schweden!
Bei meiner Recherche zu schwedischen Stricktraditionen bin ich schon rasch auf Bohus Stickning gestossen, eine Kooperative, die in den 30-er Jahren an der Westküste Schwedens gegründet wurde.
Bohus Stickning
Hintergrund und Geschichte
Bohus Stickning war eine schwedische Strickereigenossenschaft/Kooperative, die von 1939 bis 1969 aktiv war. Sie wurde offiziell am 12. September 1939 als Handwerksbetrieb gegründet, um armen Familien in Bohuslän (Schweden) während der Weltwirtschaftskrise ein Einkommen zu verschaffen. Damit wurde die Möglichkeit eines Nebenerwerbs geschaffen, dem viele Frauen der Region gerne nachgingen. So konnte durch das Stricken ohne grosse Infrastruktur und ohne besondere Ausbildung ein zusätzliches Einkommen erzielt werden.
Produkte und Design
Gestrickt wurden erst Socken und Handschuhe, die unter anderem auch in grossen Warenhäusern in Stockholm verkauft wurden. Später kamen auch Mützen, Schals, Pullover und Strickjacken dazu. Bohus Stickning spezialisierte sich dabei auf Damenbekleidung. Die Modelle wurden anfänglich von der Gründerin Emma Jacobsson (Ehefrau des Gouverneurs von Bohuslän) entworfen. Da es in Bohuslän keine lokale Stricktradition gab, stellte Bohus Stickning Künstler ein, die neue Designs für die Genossenschaft entwarfen. In den 1940er Jahren entwickelte sich ein charakteristischer „Bohus Stickning“-Stil: mehrfarbige Muster aus leichtem Woll- oder Angoramischgarn, die aus charakteristischen Kombinationen von Strick- und Krausmaschen bestehen.
Neben Emma Jacobsson (selbst ausgebildete Kunsthistorikerin und Künstlerin) gehörten zu den Designern von Bohus Stickning auch Vera Bjurström (1939-frühe 1940er Jahre), Anna-Lisa Mannheimer Lunn (1940-1953), Annika Malmström-Bladini (1952-1959, dann als freiberufliche Designerin bis Mitte der 1960er Jahre), Kerstin Olson (1958-1969) und Karin Ivarsson (1960-1969). [6] Mona Reuterberg, Margareta Nordlund, Ulla Eson Bodin und Erna Gislev nahmen ebenfalls aktiv an der künstlerischen Arbeit der Genossenschaft teil. Göta Trägårdh fungierte auch als Modeberaterin, um das künstlerische Profil der Genossenschaft zu stärken. Die Marke Bohus Stickning wurde zum Synonym für hohen Stil und schwedische Mode. Zu den namhaften Kunden gehörten Helena Rubinstein, Juliette Gréco, Ingrid Bergman, Eartha Kitt, Grace Kelly und Barbro Alving.
Stil
Charakteristisch für den Bohus Stil sind mehrfarbig gestrickte Passen, in denen (im glatt rechten Gestrick) linke Maschen verwendet werden, die die Muster betonen und ihnen Struktur verleihen. Dadurch, dass dünne Wolle verwendet wird, wirken die Muster sehr filigran. Traditionell wurden unter anderem auch Garne mit Angorawolle verwendet, wodurch die Muster noch mehr Tiefe erhalten und die Pullover noch edler wirken. Die Farben sind mal Ton in Ton gehalten, wodurch Farbverläufe entstehen, mal gibt es kräftigere Konstraste- aber alle Kombinationen sind sorgfältig ausgewählt und wirken nie zufällig. In den letzten Jahren hat man sich bemüht, diese alten Muster wieder aufleben zu lassen und in Schweden werden Sets für das Nachstricken der Originalmodelle verkauft.
Wiederbelebung
1995 veröffentlichte Wendy Keele Poems of Color: Knitting in the Bohus Tradition and the Women Who Drove This Swedish Cottage Industry (Gedichte der Farbe: Stricken in der Bohus-Tradition und die Frauen, die diese schwedische Handwerksindustrie vorantrieben). Ihr Buch entfachte ein neues Interesse an Bohus Stickning, vor allem außerhalb Schwedens, und bot die erste ausführliche Geschichte der Genossenschaft in englischer Sprache, einschließlich farbiger Reproduktionen von Originalmusterkarten und der Wiederveröffentlichung von Fotos alter Bohus-Stickning-Kleidungsstücke.
1999 begann Solveig Gustafsson im Auftrag des Bohusläns-Museums mit der Nachbildung und Herstellung von Strickkits nach Originalmustern und -designs. 15 Jahre lang hat sie Strickzeug für nachgebaute Modelle von Bohus Stickning hergestellt. Musterdiagramme und gestrickte Kleidungsstücke aus Museumssammlungen wurden sorgfältig und, soweit möglich, in Absprache mit den ursprünglichen Designern studiert. Jedes Muster ist ein Rätsel für sich – gestrickte Modelle können widersprüchlich sein, und Mustergarne sind noch schwieriger so zu färben, dass sie exakt den Originalgarnen entsprechen.
2014 wurde die Angorakaninchenzüchterin Pernille Silfverberg, Inhaberin von AngoraGarnet, damit betraut, nach Solveig Gustafsson die Aufgabe der Entwicklung von Strickmustern für Bohus Stickning weiterzuführen. . Die Geschichte ihrer Forschungen und Bemühungen ist in dem von Viveka Overland verfassten Museumsbuch Bohus Stickning: På Nytt, Die Wiedergeburt (2015) nachzulesen.
Quellen und zusätzliches Links:
Bohus Stickning – Wikipedia
AngoraGarnet – The knitting kit for Bohus Stickning & Silfverberg Design
24. AUGUST 2024: Schwedisch stricken
Poems Of Color Knitting In The Bohus Tradition : Wendy Keele : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
Bohusläns Museum
Bohus Stickning : på nytt = the revival
Blogbeitrag von Katie Davies (englisch)
Galerie DigitaltMuseum
Poems of Color: Knitting in the Bohus Tradition (vergriffene Publikation, auf Ravelry kann man die Modelle aber zur Inspiration anschauen)




